Tout Terrain Singletrailer Test – eine Liebeserklärung an einen Fahrradanhänger

Wer schon einmal seine Liebsten in einem zweirädrigen Kinderanhänger durch die Welt gezogen hat, wird spätestens am Poller oder Bordstein festgestellt haben, dass es sich hierbei zwar um eine Möglichkeit zur Fortbewegung handelt, diese aber weit entfernt von Fahrradfahren ist. Wie auch. Das MTB Fully durfte auf Grund der Hebelkraft der Achskupplung nicht angespannt werden, das Carbon-Rennrad schon gar nicht. Um nicht noch ein weiteres Rad für den Betrieb des Fahrradanhängers zu erwerben, viel die Wahl auf den alten 26" Bock, der noch im Keller stand. Naja, immerhin hat der viele Gänge. Nachdem die Reifen aufgepumpt sind, werten wir also die nicht umsonst ungenutzte Leichtläufigkeit des 90er Retro MTBs weiter ab, indem wir es in ein Dreirad verwandeln, zumindest aus physikalischer Perspektive. Unumstritten sind diese Anhänger extrem praktisch, variabel und mit riesigem Raumangebot versehen. In meinem speziellen Fall wollte ich jedoch weder mit dem Teil Joggen gehen, es als Kinderwagen nutzen noch Skikufen dran schnallen. Ich will meine durch den Nachwuchs reduzierte Radzeit wieder auf ein erträgliches Niveau bringen! Ich will einen Fahrradanhänger!



Drei Jahre verbringe ich also als Zugpferd vor der Kutsche, bevor einer meiner Kumpels mir seinen Singletrailer präsentiert. Um beim zweiten Kind nicht wieder den gleichen Fehler zu machen, steige ich um. Und ich bereue keinen Cent des 1350 € teuren Geschosses, dafür jedoch jeden Kilometer, den ich mit dem alten Gespann zurück legen musste.

Singletrailer auspacken, zusammen bauen, easy in wenigen Minuten erledigt. Das Anbringen von Kupplung und Reduzierhülse dauert etwas länger, aber auch nur weil ich es direkt an die Vario Sattelstütze baue, die etwas mehr Zeit für den Ausbau benötigt. Der Kenner wird schnell bemerken: die erste Testfahrt wird direkt mit dem Fully absolviert.

Singletrailer anhängen, ausrichten, Schnellspanner schließen - kurze Testrunde. Töchterchen rein setzen, los geht’s. Trotz der groben Stollenbereifung am Rad des Singletrailers fällt neben dem extrem leichtgängigen Fahrgefühl der niedrige Rollwiderstand auf. Rollwiderstand beziffern? Natürlich liegen keine Labormesswerte vor, ich würde es jedoch bei meiner 10kg Besatzung mit dem Wechsel von CrossCountry- auf Enduro-/ Trailbereifung vergleichen. Die Strava-Segmentzeiten bestätigen den Vergleich. Also nicht viel und vor allem nicht vergleichbar mit dem Dreirad-Gespann.

Weiter geht’s und die Vergleichbarkeit mit dem alten Doppelrad-Anhänger geht spätestens beim nächsten, flowigen Singletrail verloren, schlichtweg weil ich den nie mit dem Alten fahren konnte. Wurzeln, Steine, unebener Untergrund, der Dämpfer des Singletrailers arbeitet sauber und die 200mm Federweg kommen nicht ansatzweise an ihre Grenze. Das leichte Holpern und softe Abwippen der Hinternisse stößt auf Wohlgefallen bei der Besatzung. Und in meinem Gesicht macht sich etwas breit, dass ich mit einem Kinderanhänger noch nie hatte: ein dickes Grinsen.

Kompatibilität

Im Gegensatz zum Anhänger mit Achskupplung kann der Singletrailer an JEDES Rad angehängt werden. Egal ob Carbon-Bike, E-Bike oder Fully mit Vario Sattelstütze. Lediglich von der Montage an einer Carbon Sattelstütze wird abgeraten.

Die Sattelstützen-Kupplung ist in zwei Varianten (30mm und 35mm) erhältlich und um auf den individuellen Durchmesser eurer Sattelstütze zu kommen, benötigt ihr eine entsprechende Reduzierhülse dazu, die ihr in die Kupplung steckt.

Ist der Durchmesser eurer Sattelstütze z.B. 30,9 mm, benötigt ihr die 35mm Kupplung + 30,9mm Reduzierhülse.

Für die Durchmesser 26,8, 27,0 und 27,2 benötigt man die 30,0mm Kupplung sowie die entsprechende Reduzierhülse. Für die Durchmesser 30,9, 31,4 und 31,6 entsprechend die 35,0mm Kupplung samt Reduzierhülsen

Fahrgefühl und Rollwiderstand

Das Fahren mit dem Singletrailer hat nichts mit einem doppelrädrigen Anhänger zu tun. Der Rollwiderstand ist deutlich geringer, durch die Federung sind selbst hohe Bordsteinkanten und Stufen problemlos passierbar, was den Anhänger nicht nur in unwegsamen Gelände, sondern auch in der Stadt wesentlich flexibler macht.

Nicht nur als Kinderanhänger nutzbar und hoher Wiederverkaufpreis

Was mich außerdem zur Anschaffung des Singletrailers bewegt hat ist neben dem hohen Wiederverkaufspreises die Flexibilität des Anhängers. Ich benutze ihn aktuell z.B. auch zum Einkaufen, für den Transport von Schaufel und Co beim Trailbau oder werfe Zelt und Schlafsack rein, um mal ein paar Stunden ohne Kinder zu verbringen. Es ist sogar möglich, die Sitzfläche komplett auszubauen um den Anhänger – ähnlich wie die günstigere Variante Mule – nur noch als Gepäckanhänger zu benutzen. Nächtigt ihr beispielsweise in Trail-Nähe, könnt ihr den Anhänger mit Gepäck einfach abstellen um die ein oder andere Abfahrt zu fahren ohne Ewigkeiten diverse Taschen und Gepäckträger vom Rad abmontieren zu müssen.

Eine Sache noch …

Zu guter letzt: ihr könnt mit dem Ding entspannt ne Kiste Bier oder ein Fässchen transportieren. Damit ist alles gesagt ...